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Gott wundert sich

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Was habe ich dir getan? Warum reagierst du so? Ich hab doch nur freundlich „Guten Morgen“ gesagt. Ist irgendwas zwischen uns?

Ich hatte schon ab und zu mit mürrischen Menschen zu tun. Leute, denen es schwerfällt, anderen freundlich zu begegnen. Und manchmal frage mich dann: Hab ich irgendwas falsch gemacht, dass er so auf mich reagiert?

Die Frage stellt sich übrigens auch Gott.
Im Alten Testament, im Buch Micha, Kapitel 6 Vers 3 steht dieser Vers:

Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir!

So fragt Gott sein Volk. Gott redet durch den Propheten Micha, im 8. Jahrhundert vor Christus. Die Menschen erleben ungerechtes Verhalten. Minderheiten werden benachteiligt. Mächtige bauen ihre Macht aus - auf Kosten der Schwachen. Und welche Rolle spielt Gott?

Micha formuliert das, was Gott sagen möchte, als eine Art Gerichtsverhandlung. Erst kommt Gott zu Wort, anschließend zeigt der Prophet, wie die Menschen über Gott denken.

Gott stellt sich zuerst vor, obwohl sie ihn ja kennen sollten. Gott erinnert die Menschen daran, was er getan hat: Er hat sie aus der Sklaverei befreit, hat sie vor Feinden beschützt, hat sie geführt und auf ihrem ganzen Weg in der Geschichte ihres Volkes mit Wundern begleitet. Gott erinnert sie daran, wer er ist - an die Geschichten, die sie gemeinsam erlebt haben, Gott und sein Volk.

Gott wundert sich, was für ein Bild die Menschen von ihm haben. Ein Bild, mitgeprägt von den Religionen der Nachbarvölker. Dort sollen die Götter durch Opfer besänftigt werden.

Und so zeigt Micha im zweiten Teil der Gerichtsverhandlung die Denkweise der Menschen. Es ist das Denken: „Viel hilft viel“. Es ist die Vorstellung: Weil ich als Sünder nicht zu Gott kommen kann, bringe ich ein Opfer - und wenn ein Opfer nicht reicht, dann bringe ich eben viele Opfer. Irgendwann wird es dann reichen.

Aber so ist Gott nicht. Er zählt nicht die Opfer, bis es genug sind. Es wären nie genug. Gott möchte nicht immer mehr und mehr. Er beschwert nicht seine Menschen mit Auflagen, die sie erfüllen müssen, bevor er ihnen gnädig ist. Gott möchte, dass sie einfach das leben, wozu sie geschaffen sind, dass sie verantwortungsvoll mit ihren Mitgeschöpfen umgehen und sich nicht selbst an Gottes Stelle setzen. Kein beschwerlicher Auftrag. Das ist selbstverständlich für ein gutes Miteinander.

Und so wundert sich Gott und fragt:
Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir!

So steht es da - in diesem alten Text, aber ich glaube, dass es auch heute noch Christen gibt, die dieses Gottesbild von damals haben. Die Vorstellung: Gott will immer mehr. Obwohl doch Christen eigentlich wissen, dass Jesu alles getan hat. Dass er den Weg zu Gott frei gemacht hat, aus Gnade. Und doch schleicht sich dieses Leistungsdenken immer wieder auch in die Köpfe von Christen ein.

Jemand sagte kürzlich, als ich ihm von einer schwierigen Situation erzählte: „Habt ihr schon genug gebetet?“ Was sollte ich dazu sagen? Wir haben gebetet. Aber wann ist es genug? Wenn wir in die Bibel schauen, ist das gar nicht das, was Gott verlangt. Er fragt nicht: Haben die Menschen genug gemacht? Genug geopfert, genug gebetet - Sondern er stellt sich vor als der Gott, der rettet, der befreit, der mitgeht, der da ist und der sich wundert, wenn Menschen ihn als Belastung empfinden.

Ich möchte als befreiter Mensch leben und durch freundliches Reden und gerechtes Handeln an Gottes Wirken in der Welt teilhaben.

Autor: Sigrun Teßmer


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Ich hatte schon ab und zu mit mürrischen Menschen zu tun. Leute, denen es schwerfällt, anderen freundlich zu begegnen. Und manchmal frage mich dann: Hab ich irgendwas falsch gemacht, dass er so auf mich reagiert?

Die Frage stellt sich übrigens auch Gott.
Im Alten Testament, im Buch Micha, Kapitel 6 Vers 3 steht dieser Vers:

Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir!

So fragt Gott sein Volk. Gott redet durch den Propheten Micha, im 8. Jahrhundert vor Christus. Die Menschen erleben ungerechtes Verhalten. Minderheiten werden benachteiligt. Mächtige bauen ihre Macht aus - auf Kosten der Schwachen. Und welche Rolle spielt Gott?

Micha formuliert das, was Gott sagen möchte, als eine Art Gerichtsverhandlung. Erst kommt Gott zu Wort, anschließend zeigt der Prophet, wie die Menschen über Gott denken.

Gott stellt sich zuerst vor, obwohl sie ihn ja kennen sollten. Gott erinnert die Menschen daran, was er getan hat: Er hat sie aus der Sklaverei befreit, hat sie vor Feinden beschützt, hat sie geführt und auf ihrem ganzen Weg in der Geschichte ihres Volkes mit Wundern begleitet. Gott erinnert sie daran, wer er ist - an die Geschichten, die sie gemeinsam erlebt haben, Gott und sein Volk.

Gott wundert sich, was für ein Bild die Menschen von ihm haben. Ein Bild, mitgeprägt von den Religionen der Nachbarvölker. Dort sollen die Götter durch Opfer besänftigt werden.

Und so zeigt Micha im zweiten Teil der Gerichtsverhandlung die Denkweise der Menschen. Es ist das Denken: „Viel hilft viel“. Es ist die Vorstellung: Weil ich als Sünder nicht zu Gott kommen kann, bringe ich ein Opfer - und wenn ein Opfer nicht reicht, dann bringe ich eben viele Opfer. Irgendwann wird es dann reichen.

Aber so ist Gott nicht. Er zählt nicht die Opfer, bis es genug sind. Es wären nie genug. Gott möchte nicht immer mehr und mehr. Er beschwert nicht seine Menschen mit Auflagen, die sie erfüllen müssen, bevor er ihnen gnädig ist. Gott möchte, dass sie einfach das leben, wozu sie geschaffen sind, dass sie verantwortungsvoll mit ihren Mitgeschöpfen umgehen und sich nicht selbst an Gottes Stelle setzen. Kein beschwerlicher Auftrag. Das ist selbstverständlich für ein gutes Miteinander.

Und so wundert sich Gott und fragt:
Was habe ich dir getan, mein Volk, und womit habe ich dich beschwert? Das sage mir!

So steht es da - in diesem alten Text, aber ich glaube, dass es auch heute noch Christen gibt, die dieses Gottesbild von damals haben. Die Vorstellung: Gott will immer mehr. Obwohl doch Christen eigentlich wissen, dass Jesu alles getan hat. Dass er den Weg zu Gott frei gemacht hat, aus Gnade. Und doch schleicht sich dieses Leistungsdenken immer wieder auch in die Köpfe von Christen ein.

Jemand sagte kürzlich, als ich ihm von einer schwierigen Situation erzählte: „Habt ihr schon genug gebetet?“ Was sollte ich dazu sagen? Wir haben gebetet. Aber wann ist es genug? Wenn wir in die Bibel schauen, ist das gar nicht das, was Gott verlangt. Er fragt nicht: Haben die Menschen genug gemacht? Genug geopfert, genug gebetet - Sondern er stellt sich vor als der Gott, der rettet, der befreit, der mitgeht, der da ist und der sich wundert, wenn Menschen ihn als Belastung empfinden.

Ich möchte als befreiter Mensch leben und durch freundliches Reden und gerechtes Handeln an Gottes Wirken in der Welt teilhaben.

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