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Corona: E-Mail zeigt, wie sich „Ethikrat“ an die Politik angebiedert hat
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Aktuell wurden Teile der Kommunikation zwischen dem Deutschen Ethikrat und Politikern während der Zeit der unangemessenen Corona-Politik veröffentlicht. Die Unabhängigkeit des Gremiums sei durch diese neuen Einblicke nun „vollkommen kompromittiert“, urteilen Beobachter. Dieses Urteil ist zutreffend, aber auch nicht mehr überraschend. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Am 12. Juni 2020, noch zu Beginn der unangemessenen Corona-Politik, hat die damalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, an den damals amtierenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Mail geschrieben, über die aktuell Medien berichten, etwa die Welt. Die Mail ist laut den Berichten Teil der gesamten Kommunikation zwischen Ethikrat und Gesundheitsministerium, die über eine Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nun öffentlich wurde.
„Lieber Herr Spahn“, schreibt Buyx da, „bitte erlauben Sie, dass ich Ihnen auf diesem etwas informellen Weg für Ihr freundliches Schreiben (…) danke“. Man sei als Ethikrat „mitten in der intensiven Arbeit“, streite und schwitze und werde alles geben, um zu Fragen zur SARS-CoV-2-Immunität „bald eine Empfehlung vorzulegen“. Im letzten Absatz der Mail heiße es: „Besonders aber freue ich mich darauf“, schreibt die damals frisch gewählte Vorsitzende an den Gesundheitsminister, „Ihre Vorschläge und alle weiteren Fragen, die sich ergeben könnten, im persönlichen Gespräch zu erörtern und noch genauer zu erfahren, welche Wünsche und Ideen Sie für unsere Arbeit haben“. Vor der Schlussformel folgt noch der Hinweis: „Wir sind als Rat in der Findungsphase und ich als Vorsitzende auf der Lernkurve; nicht nur deswegen würde ich einen intensiven Austausch sehr begrüßen.“
Laut Ethikratgesetz (EthRG) von 2007 werde der Ethikrat als unabhängiger Beraterstab, als Korrektiv der Bundesregierung eingesetzt, so die Welt. Das Gesetz halte ausdrücklich fest, dass der 26-köpfige Ethikrat unabhängig vorzugehen habe. Der Deutsche Ethikrat hat seit Kurzem mit dem Rechtswissenschaftler Helmut Frister einen neuen Vorsitzenden.
„Einen solchen Ethikrat kann man sich auch sparen“
Inhalt und Tonfall der E-Mail von Buyx widersprechen dem Selbstverständnis des Ethikrates meiner Meinung nach massiv.
Auch bei manchen Politikern und Professoren stößt die Buyx-Mail laut Medienberichten aktuell „auf Unverständnis und Empörung“: „Hier wird klar, dass die Unabhängigkeit eines so zentralen Gremiums vollkommen kompromittiert wurde“, urteilt laut Welt Christoph Lütge, Professor für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München. Lütge sei Mitglied des Bayerischen Ethikrats gewesen – bis zu seiner Forderung im Februar 2021, die Lockdowns in Deutschland auszusetzen. „Die Mail wirft ein interessantes Licht auf die Rolle des Ethikrats, der gewissermaßen als Sprachrohr der Regierung agierte“, so Lütge. Sein Fazit: „Einen solchen Ethikrat, der kein kritischer ist, kann man sich auch sparen.“ Alena Buyx erklärte dagegen der Welt:
„Wenn, dann ist das Bundesministerium für Gesundheit der Empfehlung des Ethikrats gefolgt, sicher nicht umgekehrt.“ Im Übrigen habe der Ethikrat auch nicht die Politik unterstützt, „seine Aufgabe ist die Beratung“.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte aktuell: „Mit Frau Buyx ist eine politische Gefügigkeit des Ethikrats eingetreten.“ Von Unabhängigkeit keine Spur. Der Epidemiologe Klaus Stöhr äußerte sich so: „Die Ethikratführung unterstützte vehement schärfere Pandemiemaßnahmen der Politik, wie etwa die flächendeckende 2G-Regel.“ Für Stöhr sei es ein „No-go“, dass die Leitung eines Sachverständigengremiums sich nach den Wünschen des Empfängers seiner Stellungnahmen erkundigt: „Das schließt sich selbstredend aus.“ Der Wissenschaftsphilosoph Michael Esfeld (Universität Lausanne und Leopoldina) wird von der Welt so zitiert: „Der Ethikrat war noch nie unabhängig, da seine Mitglieder von politischen Gremien berufen werden.“ Für ihn hat der Ethikrat in der Corona-Zeit „jegliche Glaubwürdigkeit verloren“. Er schlägt vor, das Gremium „ersatzlos zu streichen“. Abschließend nochmal Kubicki:
„Wenn ein Gremium die Beachtung ethischer Leitlinien nur vorgaukelt, um die Regierungslinie zu verteidigen, ist es überflüssig.“
Eine unterwürfige und distanzlose Haltung gegenüber der Politik, die er doch eigentlich unabhängig „ethisch“ beraten oder gar korrigieren soll, haben viele Kritiker dem sogenannten Ethikrat bereits während der Zeit der Corona-Politik vorgeworfen. Die Zitate aus der Mail von Buyx stützen diesen offensichtlichen – und meiner Meinung nach skandalösen – Befund nun zusätzlich.
Vertrauen verspielt
Neben der hier zitierten Mail von Buyx meldet aktuell die Tagesschau indirekt zum Thema noch das:
„Im Februar 2022 wollte das Robert Koch-Institut das Corona-Risiko herabstufen. Doch Gesundheitsminister Lauterbach verhinderte dies monatelang. Das zeigen interne E-Mails aus der Zeit zwischen ihm und RKI-Chef Wieler.”
Das Bild einer unabhängigen Wissenschaft, die frei von politischen (und eben nicht wissenschaftlichen) Vorgaben das für die Bürger beste Vorgehen bezüglich des Corona-Virus diskutiert, es ist bereits stark beschädigt, etwa durch die RKI-Files (siehe hier oder hier). Die in diesem Artikel besprochenen Vorgänge beschädigen das Bild zusätzlich.
Es wird viel Arbeit sein, das durch Unterwürfigkeit gegenüber politischen Vorgaben stark erschütterte Vertrauen vieler Bürger zurückzugewinnen.
Titelbild: Screenshot ZDF – Markus Lanz
1677 episódios
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Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Am 12. Juni 2020, noch zu Beginn der unangemessenen Corona-Politik, hat die damalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, an den damals amtierenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Mail geschrieben, über die aktuell Medien berichten, etwa die Welt. Die Mail ist laut den Berichten Teil der gesamten Kommunikation zwischen Ethikrat und Gesundheitsministerium, die über eine Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nun öffentlich wurde.
„Lieber Herr Spahn“, schreibt Buyx da, „bitte erlauben Sie, dass ich Ihnen auf diesem etwas informellen Weg für Ihr freundliches Schreiben (…) danke“. Man sei als Ethikrat „mitten in der intensiven Arbeit“, streite und schwitze und werde alles geben, um zu Fragen zur SARS-CoV-2-Immunität „bald eine Empfehlung vorzulegen“. Im letzten Absatz der Mail heiße es: „Besonders aber freue ich mich darauf“, schreibt die damals frisch gewählte Vorsitzende an den Gesundheitsminister, „Ihre Vorschläge und alle weiteren Fragen, die sich ergeben könnten, im persönlichen Gespräch zu erörtern und noch genauer zu erfahren, welche Wünsche und Ideen Sie für unsere Arbeit haben“. Vor der Schlussformel folgt noch der Hinweis: „Wir sind als Rat in der Findungsphase und ich als Vorsitzende auf der Lernkurve; nicht nur deswegen würde ich einen intensiven Austausch sehr begrüßen.“
Laut Ethikratgesetz (EthRG) von 2007 werde der Ethikrat als unabhängiger Beraterstab, als Korrektiv der Bundesregierung eingesetzt, so die Welt. Das Gesetz halte ausdrücklich fest, dass der 26-köpfige Ethikrat unabhängig vorzugehen habe. Der Deutsche Ethikrat hat seit Kurzem mit dem Rechtswissenschaftler Helmut Frister einen neuen Vorsitzenden.
„Einen solchen Ethikrat kann man sich auch sparen“
Inhalt und Tonfall der E-Mail von Buyx widersprechen dem Selbstverständnis des Ethikrates meiner Meinung nach massiv.
Auch bei manchen Politikern und Professoren stößt die Buyx-Mail laut Medienberichten aktuell „auf Unverständnis und Empörung“: „Hier wird klar, dass die Unabhängigkeit eines so zentralen Gremiums vollkommen kompromittiert wurde“, urteilt laut Welt Christoph Lütge, Professor für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München. Lütge sei Mitglied des Bayerischen Ethikrats gewesen – bis zu seiner Forderung im Februar 2021, die Lockdowns in Deutschland auszusetzen. „Die Mail wirft ein interessantes Licht auf die Rolle des Ethikrats, der gewissermaßen als Sprachrohr der Regierung agierte“, so Lütge. Sein Fazit: „Einen solchen Ethikrat, der kein kritischer ist, kann man sich auch sparen.“ Alena Buyx erklärte dagegen der Welt:
„Wenn, dann ist das Bundesministerium für Gesundheit der Empfehlung des Ethikrats gefolgt, sicher nicht umgekehrt.“ Im Übrigen habe der Ethikrat auch nicht die Politik unterstützt, „seine Aufgabe ist die Beratung“.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte aktuell: „Mit Frau Buyx ist eine politische Gefügigkeit des Ethikrats eingetreten.“ Von Unabhängigkeit keine Spur. Der Epidemiologe Klaus Stöhr äußerte sich so: „Die Ethikratführung unterstützte vehement schärfere Pandemiemaßnahmen der Politik, wie etwa die flächendeckende 2G-Regel.“ Für Stöhr sei es ein „No-go“, dass die Leitung eines Sachverständigengremiums sich nach den Wünschen des Empfängers seiner Stellungnahmen erkundigt: „Das schließt sich selbstredend aus.“ Der Wissenschaftsphilosoph Michael Esfeld (Universität Lausanne und Leopoldina) wird von der Welt so zitiert: „Der Ethikrat war noch nie unabhängig, da seine Mitglieder von politischen Gremien berufen werden.“ Für ihn hat der Ethikrat in der Corona-Zeit „jegliche Glaubwürdigkeit verloren“. Er schlägt vor, das Gremium „ersatzlos zu streichen“. Abschließend nochmal Kubicki:
„Wenn ein Gremium die Beachtung ethischer Leitlinien nur vorgaukelt, um die Regierungslinie zu verteidigen, ist es überflüssig.“
Eine unterwürfige und distanzlose Haltung gegenüber der Politik, die er doch eigentlich unabhängig „ethisch“ beraten oder gar korrigieren soll, haben viele Kritiker dem sogenannten Ethikrat bereits während der Zeit der Corona-Politik vorgeworfen. Die Zitate aus der Mail von Buyx stützen diesen offensichtlichen – und meiner Meinung nach skandalösen – Befund nun zusätzlich.
Vertrauen verspielt
Neben der hier zitierten Mail von Buyx meldet aktuell die Tagesschau indirekt zum Thema noch das:
„Im Februar 2022 wollte das Robert Koch-Institut das Corona-Risiko herabstufen. Doch Gesundheitsminister Lauterbach verhinderte dies monatelang. Das zeigen interne E-Mails aus der Zeit zwischen ihm und RKI-Chef Wieler.”
Das Bild einer unabhängigen Wissenschaft, die frei von politischen (und eben nicht wissenschaftlichen) Vorgaben das für die Bürger beste Vorgehen bezüglich des Corona-Virus diskutiert, es ist bereits stark beschädigt, etwa durch die RKI-Files (siehe hier oder hier). Die in diesem Artikel besprochenen Vorgänge beschädigen das Bild zusätzlich.
Es wird viel Arbeit sein, das durch Unterwürfigkeit gegenüber politischen Vorgaben stark erschütterte Vertrauen vieler Bürger zurückzugewinnen.
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