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DK128 - Corona, Klima und ein ungelüfteter Planet
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DK128 - Corona, Klima und ein ungelüfteter Planet
Und: Warum kann man auf der Erde nicht einfach mal durchlüften?
"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.
In Folge 128 ist fast Weihnachten, aber wir beschäftigen uns mit Corona. Das gibt’s nämlich nicht nur noch, die Klimakrise sorgt auch dafür, dass wir uns leichter damit anstecken. Denn je mehr CO2 in der Luft ist, desto stabiler sind die Viren. In stickigen Räumen kann man lüften. Aber wenn die Klimakrise so weiter geht, dann ist bald die gesamte Erde ein ungelüfteter Raum, mit all den Nachteilen in Sachen Infektionskrankheiten, die das mit sich bringt. Frohe Weihnachten!
Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.
Keine Weihnachtsfolge wegen Corona
Bereits im letzten Jahr gab es eine Weihnachtsfolge, drum bleibt zum Jahreswechsel die Themenwahl eingeschränkt: Silvester und die bekannten Diskussionen um Feinstaub und Luftverschmutzung haben wir ja auch schon behandelt. Eine andere Möglichkeit ist ein Jahresrückblick. Und da lautet die Frage: Was haben wir über das Jahr fast vergessen, neben der Klimakrise vielleicht sogar ignoriert? Die Antwort: Corona.
Interessanterweise gibt es neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die einen direkten Zusammenhang zwischen der Klimakrise und der Corona-Verbreitung aufzeigen.
Der Zusammenhang zwischen CO2 und SARS-CoV-2
Ein neues Paper ("Ambient carbon dioxide concentration correlates with SARS-CoV-2 aerostability and infection risk") untersucht die Verbindung zwischen CO2-Konzentration und der Stabilität von Coronaviren – jedoch anders als bisher angenommen.
Ausgangspunkt: CO2 und Aerosole
- Während der Pandemie waren CO2-Messgeräte ein Indikator für Innenraumluft: Hohe CO2-Werte deuteten auf wenig Luftaustausch hin und damit auf ein erhöhtes Risiko für virushaltige Aerosole.
- Im Paper wird nun untersucht, wie die CO2-Konzentration selbst die Verbreitung von Viren beeinflusst.
Die Rolle der Aerosol-pH-Dynamik
- Aerosole sind kleine Tröpfchen, die beim Atmen ausgestoßen werden. Diese enthalten Bicarbonat-Ionen (HCO3-), die mit Wasserstoffionen reagieren und sich in CO2 und Wasser umwandeln.
- Durch diese chemische Reaktion steigt der pH-Wert der Tröpfchen an: Weniger Wasserstoffionen machen die Tröpfchen basisch.
- Bereits bekannt ist, dass ausgeatmete Tröpfchen einen höheren pH-Wert aufweisen als die Flüssigkeiten im Atmungstrakt.
Die Wirkung auf SARS-CoV-2
- Viele Viren, inklusive SARS-CoV-2, sind pH-empfindlich: Ein hoher pH-Wert kann die viralen Proteine zerstören und die Viren weniger infektiös machen.
- Je mehr CO2 in der Umgebungsluft, desto weniger CO2 kann aus den Tröpfchen entweichen. Der pH-Wert bleibt stabil und die Viren bleiben länger infektiös.
- Geringe CO2-Konzentrationen führen zu einem schnelleren pH-Anstieg in den Aerosolen, wodurch die Viren schneller deaktiviert werden.
Klimakrise und CO2-Konzentration
CO2 in Innenräumen
- Während der Pandemie wurde klar, dass schlecht gelüftete Räume hohe CO2-Werte (> 2000 ppm) erreichen können.
- Studien zeigen, dass die Stabilität von Viren wie SARS-CoV-2 mit der CO2-Konzentration zunimmt, bis zu einem Wert von etwa 6500 ppm.
- Die Delta-Variante ist besonders empfindlich gegenüber CO2, gefolgt von Beta und Omicron.
- Die CO2-Konzentration hat dabei einen größeren Einfluss auf die Virusstabilität als die Luftfeuchtigkeit.
CO2 in der Atmosphäre
- Außerhalb von Innenräumen gibt es ein größeres Problem: Die globale CO2-Konzentration in der Atmosphäre.
- Seit der Industrialisierung ist der CO2-Gehalt von ca. 250 ppm auf über 420 ppm gestiegen. Bei anhaltend hohen Emissionen (z.B. laut SSP-Szenarien) könnte er bis Ende des Jahrhunderts weit über 1000 ppm liegen.
- Dies hätte zur Folge, dass die Virenstabilität auch im Freien erhöht würde und die Basis-CO2-Konzentration in Innenräumen ebenfalls weiter ansteigt.
Ein Zitat aus dem Paper lautet: "Dieser Anstieg könnte ausreichen, um die virale Übertragung zu verbessern, indem er sowohl die Stabilität des Virus im Freien erhöht als auch die Basis-CO2-Konzentration in Innenräumen ansteigen lässt."
Weitere Implikationen
Saisonalität von Krankheiten
- Krankheiten wie Grippe oder Rotavirus zeigen saisonale Muster.
- Mögliche Ursachen sind unter anderem die trockenere Winterluft in Innenräumen.
- Da die CO2-Konzentration in Innenräumen ebenfalls mit der Jahreszeit variiert, könnte auch dies zur Saisonalität beitragen – ein bisher wenig erforschter Faktor.
Fazit: Ein ungelüfteter Planet?
Der Anstieg der CO2-Konzentration hat weitreichende Folgen, nicht nur für die Klimakrise, sondern auch für die Gesundheit.
Gerade in Deutschland und Österreich, wo das Thema Lüften ernst genommen wird, könnte die Vorstellung eines permanenten, ungelüfteten Planeten als Motivationsfaktor für mehr Klimaschutz dienen. Und das meinen wir nur halb im Scherz! Denn die steigende CO2-Konzentration macht die Erde in gewisser Weise zu einem schlecht gelüfteten Raum – mit allen Risiken, die das für Infektionskrankheiten mit sich bringt. Also: Lüften für den Klimaschutz!
Hinweis zur Werbung und Unterstützung
Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden, geht auch bei PayPal.
Kontakt und weitere Projekte
Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an podcast@dasklima.fm. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.
Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.
Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” ab und an über Wissenschaft.
Ansonsten findet ihr uns in den üblichen sozialen Medien:
Instagram Florian| Facebook Florian| Instagram Claudia
Twitter Florian| Twitter Claudia
130 episódios
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Und: Warum kann man auf der Erde nicht einfach mal durchlüften?
"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.
In Folge 128 ist fast Weihnachten, aber wir beschäftigen uns mit Corona. Das gibt’s nämlich nicht nur noch, die Klimakrise sorgt auch dafür, dass wir uns leichter damit anstecken. Denn je mehr CO2 in der Luft ist, desto stabiler sind die Viren. In stickigen Räumen kann man lüften. Aber wenn die Klimakrise so weiter geht, dann ist bald die gesamte Erde ein ungelüfteter Raum, mit all den Nachteilen in Sachen Infektionskrankheiten, die das mit sich bringt. Frohe Weihnachten!
Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.
Keine Weihnachtsfolge wegen Corona
Bereits im letzten Jahr gab es eine Weihnachtsfolge, drum bleibt zum Jahreswechsel die Themenwahl eingeschränkt: Silvester und die bekannten Diskussionen um Feinstaub und Luftverschmutzung haben wir ja auch schon behandelt. Eine andere Möglichkeit ist ein Jahresrückblick. Und da lautet die Frage: Was haben wir über das Jahr fast vergessen, neben der Klimakrise vielleicht sogar ignoriert? Die Antwort: Corona.
Interessanterweise gibt es neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die einen direkten Zusammenhang zwischen der Klimakrise und der Corona-Verbreitung aufzeigen.
Der Zusammenhang zwischen CO2 und SARS-CoV-2
Ein neues Paper ("Ambient carbon dioxide concentration correlates with SARS-CoV-2 aerostability and infection risk") untersucht die Verbindung zwischen CO2-Konzentration und der Stabilität von Coronaviren – jedoch anders als bisher angenommen.
Ausgangspunkt: CO2 und Aerosole
- Während der Pandemie waren CO2-Messgeräte ein Indikator für Innenraumluft: Hohe CO2-Werte deuteten auf wenig Luftaustausch hin und damit auf ein erhöhtes Risiko für virushaltige Aerosole.
- Im Paper wird nun untersucht, wie die CO2-Konzentration selbst die Verbreitung von Viren beeinflusst.
Die Rolle der Aerosol-pH-Dynamik
- Aerosole sind kleine Tröpfchen, die beim Atmen ausgestoßen werden. Diese enthalten Bicarbonat-Ionen (HCO3-), die mit Wasserstoffionen reagieren und sich in CO2 und Wasser umwandeln.
- Durch diese chemische Reaktion steigt der pH-Wert der Tröpfchen an: Weniger Wasserstoffionen machen die Tröpfchen basisch.
- Bereits bekannt ist, dass ausgeatmete Tröpfchen einen höheren pH-Wert aufweisen als die Flüssigkeiten im Atmungstrakt.
Die Wirkung auf SARS-CoV-2
- Viele Viren, inklusive SARS-CoV-2, sind pH-empfindlich: Ein hoher pH-Wert kann die viralen Proteine zerstören und die Viren weniger infektiös machen.
- Je mehr CO2 in der Umgebungsluft, desto weniger CO2 kann aus den Tröpfchen entweichen. Der pH-Wert bleibt stabil und die Viren bleiben länger infektiös.
- Geringe CO2-Konzentrationen führen zu einem schnelleren pH-Anstieg in den Aerosolen, wodurch die Viren schneller deaktiviert werden.
Klimakrise und CO2-Konzentration
CO2 in Innenräumen
- Während der Pandemie wurde klar, dass schlecht gelüftete Räume hohe CO2-Werte (> 2000 ppm) erreichen können.
- Studien zeigen, dass die Stabilität von Viren wie SARS-CoV-2 mit der CO2-Konzentration zunimmt, bis zu einem Wert von etwa 6500 ppm.
- Die Delta-Variante ist besonders empfindlich gegenüber CO2, gefolgt von Beta und Omicron.
- Die CO2-Konzentration hat dabei einen größeren Einfluss auf die Virusstabilität als die Luftfeuchtigkeit.
CO2 in der Atmosphäre
- Außerhalb von Innenräumen gibt es ein größeres Problem: Die globale CO2-Konzentration in der Atmosphäre.
- Seit der Industrialisierung ist der CO2-Gehalt von ca. 250 ppm auf über 420 ppm gestiegen. Bei anhaltend hohen Emissionen (z.B. laut SSP-Szenarien) könnte er bis Ende des Jahrhunderts weit über 1000 ppm liegen.
- Dies hätte zur Folge, dass die Virenstabilität auch im Freien erhöht würde und die Basis-CO2-Konzentration in Innenräumen ebenfalls weiter ansteigt.
Ein Zitat aus dem Paper lautet: "Dieser Anstieg könnte ausreichen, um die virale Übertragung zu verbessern, indem er sowohl die Stabilität des Virus im Freien erhöht als auch die Basis-CO2-Konzentration in Innenräumen ansteigen lässt."
Weitere Implikationen
Saisonalität von Krankheiten
- Krankheiten wie Grippe oder Rotavirus zeigen saisonale Muster.
- Mögliche Ursachen sind unter anderem die trockenere Winterluft in Innenräumen.
- Da die CO2-Konzentration in Innenräumen ebenfalls mit der Jahreszeit variiert, könnte auch dies zur Saisonalität beitragen – ein bisher wenig erforschter Faktor.
Fazit: Ein ungelüfteter Planet?
Der Anstieg der CO2-Konzentration hat weitreichende Folgen, nicht nur für die Klimakrise, sondern auch für die Gesundheit.
Gerade in Deutschland und Österreich, wo das Thema Lüften ernst genommen wird, könnte die Vorstellung eines permanenten, ungelüfteten Planeten als Motivationsfaktor für mehr Klimaschutz dienen. Und das meinen wir nur halb im Scherz! Denn die steigende CO2-Konzentration macht die Erde in gewisser Weise zu einem schlecht gelüfteten Raum – mit allen Risiken, die das für Infektionskrankheiten mit sich bringt. Also: Lüften für den Klimaschutz!
Hinweis zur Werbung und Unterstützung
Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden, geht auch bei PayPal.
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