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Klaus Huber zum 100. Geburtstag – „Alles ist Transzendenz“

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Transzendenz

War Klaus Huber in einem Konzert anwesend – und das war er häufig – wusste man das sofort. Sein üppiges weißes Haar leuchtete von weitem, und für viele verband sich damit unwillkürlich ein Gefühl der Achtung und des Respekts. Das hing womöglich mit Klaus Hubers irgendwann enormer Lebenserfahrung zusammen; er wurde fast 93 Jahre alt. Mit Preisen wie dem Ernst von Siemens Musikpreis geehrt, kannte er vieles und viele und blieb bis ins hohe Alter präsent in der Neuen Musik. Vielleicht waren es aber auch Klaus Hubers tiefer und ernster Humanismus und das unermüdliche Bemühen um die Verbesserung der Welt, um das Überwinden kultureller Grenzen und politischer Ungerechtigkeiten, die diesen Respekt abverlangten. Religion und Spiritualität gingen mit dieser Mission für Klaus Huber Hand in Hand.
Eine Musik ohne Transzendenz kann ich mir nicht vorstellen. Aber noch weniger eine Menschheit ohne Transzendenz.

Quelle: Klaus Huber, Schweizer Komponist

Schlüsselfigur in Freiburg

Geboren wurde Huber 1924 in Bern, er arbeitete zuerst als Lehrer und studierte dann Komposition bei Willy Burkhard in Zürich und bei Boris Blacher in Berlin. Musikvermittlung war ihm wichtig, lange bevor das Wort in Mode kam. 1969 gründete er das nicht nur in der Schweiz berühmt gewordene Komponistenseminar in Boswil. Von 1973 bis 1990 lehrte er an der Freiburger Musikhochschule Komposition. In dieser Zeit zählten nicht nur Brian Ferneyhough, Toshio Hosokawa, Kaja Saariaho, Wolfgang Rihm, Hans Wüthrich oder Younghi Pagh-Paan zu seinen Schülern und Schülerinnen. Klaus Huber belebte das einige Jahr zuvor gegründete Institut für Neue Musik mit einer Energie, die lange nachwirkte. Einige der ersten professionellen Neue-Musik-Ensembles gingen daraus hervor wie das Ensemble Recherche oder das Ensemble Aventure. Internationale Karrieren von Komponierenden oder Instrumentalisten bekamen hier ihre Impulse. Eine Station in Freiburg im Breisgau gibt es nicht zufällig in erstaunlich vielen, heute prominenten Neue-Musik-Lebensläufen.

Unterdrückung und Befreiung

Klaus Huber war stolz darauf, dass, wie er sagte, niemand aus seinem großen Schüler:innenkreis ähnlich oder gar ähnlich wie Klaus Huber komponierte. Er selbst zeigte sich von musikalischen Avantgarde-Strömungen und Trends wenig beeindruckt. Dafür beobachtete er genau die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in der Welt. Immer wieder hat er sich auch verbal mit klaren Statements eingemischt. Unterdrückung und Befreiung waren Eckpunkte seiner Weltsicht und auch seiner Musiksprache. Musikalisch interessierten ihn außerdem verschiedenste historische oder kulturelle, besonders auch interkulturelle Phänomene, denen er akribisch nachspürte. So entdeckte er in den 1990er Jahren die Mikrotonalität in der arabischen Musik für sich und entwickelte daraus ein eigenes System mit Sechstelton-Abständen. Unermüdlich warb er für das kritische Über-den-eigenen-Horizont-Hinausblicken, und er konnte dabei beinahe schelmisch argumentieren, mit Selbstironie und mit überraschenden Perspektiv-Wechseln.

Kann Musik Frieden schaffen?

„Quod est Pax? Was ist Frieden?“ heißt ein Werk für Stimmen, arabische Schlaginstrumente und Orchester, das 2007 in Donaueschingen uraufgeführt wurde. Die Texte darin stammen u.a. von Jacques Derrida, Octavio Paz und Simone Weill. Huber lässt sie gleichsam miteinander diskutieren – und mischt sich auch selbst mit Worten ein. Kurz darauf war Klaus Huber in Bremen Ehrengast eines interdisziplinären Symposiums mit dem Titel „Den Frieden komponieren?“ Auch hier war Huber ein kritischer Gast.
Wenn ich zum Beispiel in einer Diskussion „Musik und Frieden“ dann höre, dass jemand sagt „kann denn die Musik Frieden schaffen“, [...] so ist es natürlich eine Vereinfachung, die nicht geht. Denn es kann eine Musik für den Frieden da sein. Aber [um] ihn zu schaffen, ist sie nicht erfunden worden.

Quelle: Klaus Huber über Musik und Frieden

Dass die weltpolitischen Themen, die ihn zeitlebens und bis ins hohe Alter umtrieben, heute so aktuell sind und die Menschheit mitnichten irgendetwas dazugelernt zu haben scheint – das hätte Klaus Huber vermutlich auch noch an seinem 100. Geburtstag im Innersten verärgert – und zugleich angetrieben, weiter zu sprechen und zu komponieren.
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War Klaus Huber in einem Konzert anwesend – und das war er häufig – wusste man das sofort. Sein üppiges weißes Haar leuchtete von weitem, und für viele verband sich damit unwillkürlich ein Gefühl der Achtung und des Respekts. Das hing womöglich mit Klaus Hubers irgendwann enormer Lebenserfahrung zusammen; er wurde fast 93 Jahre alt. Mit Preisen wie dem Ernst von Siemens Musikpreis geehrt, kannte er vieles und viele und blieb bis ins hohe Alter präsent in der Neuen Musik. Vielleicht waren es aber auch Klaus Hubers tiefer und ernster Humanismus und das unermüdliche Bemühen um die Verbesserung der Welt, um das Überwinden kultureller Grenzen und politischer Ungerechtigkeiten, die diesen Respekt abverlangten. Religion und Spiritualität gingen mit dieser Mission für Klaus Huber Hand in Hand.
Eine Musik ohne Transzendenz kann ich mir nicht vorstellen. Aber noch weniger eine Menschheit ohne Transzendenz.

Quelle: Klaus Huber, Schweizer Komponist

Schlüsselfigur in Freiburg

Geboren wurde Huber 1924 in Bern, er arbeitete zuerst als Lehrer und studierte dann Komposition bei Willy Burkhard in Zürich und bei Boris Blacher in Berlin. Musikvermittlung war ihm wichtig, lange bevor das Wort in Mode kam. 1969 gründete er das nicht nur in der Schweiz berühmt gewordene Komponistenseminar in Boswil. Von 1973 bis 1990 lehrte er an der Freiburger Musikhochschule Komposition. In dieser Zeit zählten nicht nur Brian Ferneyhough, Toshio Hosokawa, Kaja Saariaho, Wolfgang Rihm, Hans Wüthrich oder Younghi Pagh-Paan zu seinen Schülern und Schülerinnen. Klaus Huber belebte das einige Jahr zuvor gegründete Institut für Neue Musik mit einer Energie, die lange nachwirkte. Einige der ersten professionellen Neue-Musik-Ensembles gingen daraus hervor wie das Ensemble Recherche oder das Ensemble Aventure. Internationale Karrieren von Komponierenden oder Instrumentalisten bekamen hier ihre Impulse. Eine Station in Freiburg im Breisgau gibt es nicht zufällig in erstaunlich vielen, heute prominenten Neue-Musik-Lebensläufen.

Unterdrückung und Befreiung

Klaus Huber war stolz darauf, dass, wie er sagte, niemand aus seinem großen Schüler:innenkreis ähnlich oder gar ähnlich wie Klaus Huber komponierte. Er selbst zeigte sich von musikalischen Avantgarde-Strömungen und Trends wenig beeindruckt. Dafür beobachtete er genau die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in der Welt. Immer wieder hat er sich auch verbal mit klaren Statements eingemischt. Unterdrückung und Befreiung waren Eckpunkte seiner Weltsicht und auch seiner Musiksprache. Musikalisch interessierten ihn außerdem verschiedenste historische oder kulturelle, besonders auch interkulturelle Phänomene, denen er akribisch nachspürte. So entdeckte er in den 1990er Jahren die Mikrotonalität in der arabischen Musik für sich und entwickelte daraus ein eigenes System mit Sechstelton-Abständen. Unermüdlich warb er für das kritische Über-den-eigenen-Horizont-Hinausblicken, und er konnte dabei beinahe schelmisch argumentieren, mit Selbstironie und mit überraschenden Perspektiv-Wechseln.

Kann Musik Frieden schaffen?

„Quod est Pax? Was ist Frieden?“ heißt ein Werk für Stimmen, arabische Schlaginstrumente und Orchester, das 2007 in Donaueschingen uraufgeführt wurde. Die Texte darin stammen u.a. von Jacques Derrida, Octavio Paz und Simone Weill. Huber lässt sie gleichsam miteinander diskutieren – und mischt sich auch selbst mit Worten ein. Kurz darauf war Klaus Huber in Bremen Ehrengast eines interdisziplinären Symposiums mit dem Titel „Den Frieden komponieren?“ Auch hier war Huber ein kritischer Gast.
Wenn ich zum Beispiel in einer Diskussion „Musik und Frieden“ dann höre, dass jemand sagt „kann denn die Musik Frieden schaffen“, [...] so ist es natürlich eine Vereinfachung, die nicht geht. Denn es kann eine Musik für den Frieden da sein. Aber [um] ihn zu schaffen, ist sie nicht erfunden worden.

Quelle: Klaus Huber über Musik und Frieden

Dass die weltpolitischen Themen, die ihn zeitlebens und bis ins hohe Alter umtrieben, heute so aktuell sind und die Menschheit mitnichten irgendetwas dazugelernt zu haben scheint – das hätte Klaus Huber vermutlich auch noch an seinem 100. Geburtstag im Innersten verärgert – und zugleich angetrieben, weiter zu sprechen und zu komponieren.
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